Schütz Damals und Heute

Lebenswerk

In den 1650er Jahren ist bei Schütz zunehmend das Bewusstsein für die Geschichtlichkeit des eigenen Lebenswerkes zu beobachten. Er sprach in einem umfangreichen Memorial von 1651 davon, dass er die „in meiner Jugendt angefangene Musicalische Wercke colligieren, Completiren, undt zu meinem andencken auch in den Druck geben“ wolle. Und es gehe nunmehr darum, „den in meinen jungen Jahren etlicher massen erlangeten gueten namen, bey itzigen meinem Alter zu behaupten.“ Andenken und Selbstbehauptung – das waren neue Töne, die die Vorstellung von Vergänglichkeit wie einen Schleier über das eigene Tun legten und das Bedürfnis nach Fort- und Nachleben aufkommen ließen.
Schütz’ musikalische Generatio – seine Schöpfung– verschmilzt mit dem Gedanken der künftigen Generation, als deren Vater Schütz gelten wollte. Und auch gelten sollte, denn die Initiative der Vererbung geht von seinen Schülern aus. Schütz war bei der Herausgabe der Zwölf geistlichen Gesänge, klingenden Beispielen seines pädagogischen Programms 72 Jahre alt. Die Sorge war mehr als berechtigt, dass er nicht mehr lange leben würde, zumal er selbst wiederholt über körperliche Gebrechen klagte. Bereits 1651 kommt Schütz auf sein „abgenommen gesicht“ und das Schwinden „aller lebenskräfte“ zu sprechen. Die Zwölf geistlichen Gesänge sind dann Formulierung eines pädagogischen Erbes, das auch künftig betrachtet werden kann. Diese Werksammlung gibt den Blick frei auf ein Stück Alltagskultur im Hause Schütz. Dass wir diese Perspektive einnehmen können, ist dem Weitblick Christoph Kittels zu verdanken, der die Zwölf geistlichen Gesänge edierte und herausgab. Er war selbst Schüler von Schütz und erkannte früh den „Gebrauchswert“ dieser besonderen Werke.
Ebenso ging es wohl dem Schütz-Schüler Christoph Bernhard, als er um 1650 theoretische Überlegungen formulierte, die heute als „Kompositionslehre Heinrich Schützens in der Fassung seines Schülers Christoph Bernhard“ firmieren. Auch sie sind von der Absicht grundiert, das Gebrauchswissen von Schütz zu systematisieren und zu konservieren. Dass dies ganz im Sinne Schütz’ war, kann man in dessen Vorwort zur Geistlichen Chor-Music 1648 lesen. Darin skizziert Schütz den Kern seines Musikverständnisses: Das Studium und die umfassende Kenntnis des Kontrapunktes sollte das Fundament aller neuen Musik sein. Sonst könne ein Werk „nicht bestehen, oder doch nicht viel höher als einer tauben Nuß werth geschätzet werden.“ Schütz kündigt in eben diesem Vorwort ein Traktat eines befreundeten Musikers an, das ganz in seinem Sinne aus der Musizierpraxis heraus eine umfassende Musiktheorie entwerfen werde. Zweifellos war das eine Werbeanzeige für Bernhards Traktat. Christoph Bernhards Schrift fand weite Verbreitung, u.a. nach Hamburg; die unmittelbaren Spuren führen aber auch zu Johann Kuhnau, Gottfried Heinrich Stölzel und Johann Christoph Schmidt. Aber auch als gleichsam selbstverständliche Grundlage mitteldeutschen Komponierens schwingen Schützens Ideen im 18. Jahrhundert stets mit – und werden auch einen Johann Sebastian Bach berührt haben.



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